Koordinaten FriedWald Baum Familie Huber:
Lon: 15.520102
Lat: 47.180857
Alles hat seine Zeit –
sich begegnen und verstehen,
sich halten und lieben,
sich loslassen und erinnern.
(Robert Louis Stevenson)
Lieber Günther, liebe Trauerfamilie, liebe Freunde und Angehörige von Doris Huber.
Wir haben uns hier an diesem feierlichen und ruhigen Ort, mitten in der Natur, im Friedwald Schöcklland getroffen, um Doris zu besuchen. Dies ist also keine Trauerzeremonie oder eine Verabschiedung, sondern ein Besuch bei Doris – ein Fest für Doris. In diesem Sinne halte ich heute auch keine Trauerrede, sondern eine Festrede zur Erinnerung an einen ganz besonderen Menschen.
Abseits vom Lärm des Alltags hat Doris hier eine neue Heimat gefunden, genau an dieser schönen Buche. Ein Platz, an dem uns der Kreislauf des Lebens und der Natur – die ewige Abfolge von Anfang und Ende – in besonderer Weise bewusstwerden. Wilhelm Busch hat einmal gesagt:
Viel zu spät begreifen viele die versäumten Lebensziele: Freuden, Schönheit und Natur, Gesundheit, Reisen und Kultur. Darum Mensch sei zeitig weise! Höchste Zeit ist´s! Reise, reise! Doris hat das Reisen geliebt. Und obwohl Sie viel zu früh aus dem Leben gerissen wurde, hat Sie es nicht verabsäumt Reisen, Kultur, Schönheit und Natur zu erleben.
Das Leben an sich ist eine Reise und als solche wollen wir auch das Leben von Doris begreifen. Drehen wir gemeinsam das Rad der Zeit zurück an den Beginn Ihrer Reise und schauen wir uns an, wo diese Reise Doris hingeführt hat. Doris Martelanz wird am Freitag, den 27. September 1957 gemeinsam mit Ihrer Zwillingsschwester Ingrid in Graz geboren. Die beiden Mädchen sind die Nachzüglerinnen in der Familie und erleben eine behütete Kindheit, in der auch die älteren Geschwister Günther, Herbert und Christa einen Teil der Erziehung und Betreuung der Zwillinge übernehmen. Nicht einmal das Radfahren war den Mädchen erlaubt, so sehr wurden Sie von der Familie behütet. Von klein auf war Doris die Aktive und bestimmende Zwillingsschwester, Ingrid hat sich stets an Ihrem Vorbild orientiert. Nach der Volksschule hat Doris den mathematischen Zweig des Keplergymnasiums besucht und die Matura gemacht. Schon damals hat die gute Schülerin viel für das spätere Berufsleben gelernt, war Sie doch zeitlebens eine genaue Rechnerin und Buchhalterin. Nebenbei hat die junge Doris sehr gerne Sport betrieben, insbesondere Schifahren, Schwimmen und Tennis. Gleich im Anschluss an die Matura absolviert Doris ein 4-semestriges Kolleg zum Hotel – und Touristikkaufmann in Bad Hofgastein und Salzburg-Kleßheim. Nach den Praktika im Hilton in Wien und im Österreichischen Verkehrsbüro wird Sie im Alter von nur 20 Jahren bereits Demi Chef im Hilton in Wien. Der junge, stellvertretende Restaurantchef ist dort zu jener Zeit Günther Huber. Zwischen den beiden funkt es schon nach kurzer Zeit, wenn auch auf etwas ungewöhnliche Weise.
Die selbstbewusste, fesche Doris hat nämlich keine Scheu Günther, Ihrem Vorgesetzten, klipp und klar zu sagen, dass er die Vorhänge im Cafè am Park nicht richtig zuzieht. Manch einer wäre da beleidigt, manch einer würde sich angegriffen fühlen – Günther reagiert anders. Nämlich tief beeindruckt vom Mut und – heute würde man sagen- von der Leadershipqualität – einer so jungen Frau. Von da an sind die beiden ein Traumpaar der Hotellerie und Gastronomie. Beruflich und privat sind Doris und Günther nicht mehr zu trennen. Im Sommer 1978 treten die beiden Ihre nächste berufliche Station in Bad Deutsch Altenburg gemeinsam an.
Die Freude über die gut dotierten Stellen im Hotel Kaiserbad feiern Sie mit der Erfüllung eines Traums. Doris und Günther kaufen sich, nachdem Sie erst wenige Monate ein Paar sind, zusammen ein Cabriolet, einen Triumph Spitfire für die damals stattliche Summe von 120.000 Schilling. Die beiden waren sich offensichtlich sicher, dass Ihre Beziehung hält – und das zurecht. 44 Jahre sollten Sie von da an zusammen sein. Nach zwei kurzen beruflichen Intermezzi in Geras und Wien übernehmen Doris und Günther für fünf Jahre leitende Stellen im Hotel Alte Post in Schladming. Im Jahr 1986 erklingt der Ruf aus der Heimat Graz. Doris und Günther sollen das Hotel Wiesler als Direktionsteam übernehmen. Doch vorher muss noch etwas geregelt werden, meint zumindest Doris. Nicht als Freundin von Günther will Sie nach Graz gehen, sondern als dessen Ehefrau. Auch hier hat Sie klare Vorstellungen – wie bei den Vorhängen damals im Hilton. Am 19. April 1986 heiraten die beiden, wenige Tage später leiten Sie die Geschicke des Hotel Wiesler.
Die Aufgabenverteilung ist bei Doris und Günther immer ganz klar: Doris arbeitet im Hintergrund, im sogenannten Back Office, während Günther an der Front den jeweiligen Betrieb nach außen vertritt. Die Kommunikation zwischen den beiden funktioniert bestens, das macht Sie als Team unschlagbar. Genauso halten es die beiden auch bei Ihrem größten Projekt, das noch folgen sollte…
Wir wollen an dieser Stelle auf der Reise des Lebens von Doris innehalten mit einem musikalischen Beitrag, der wunderbar für die Liebesgeschichte von Doris und Günther passt. In „Gern ham tuat guat“ von Hedi Preißegger heißt es nämlich in der dritten Strophe:
Ziagn die Joa wia da Herbstwind durchs Land
Möcht hamwärts wandern mit Dir, Hand in Hand
S`Lebm is schön, schnöll tuats vagehn,
owa die Liab bleibt bestehn.
Gedanken zum Abschied (von Martina Georgi) Kraftvoll, in sattem Grün und mit vielen Knospen steht
er vor mir – der Baum der Generationen.
Ein Blatt säuselt leis zu Boden,
kraftlos wie mir scheint.
Es ist eines der wenigen bunten
und sehr lang schon hing es locker an diesem Baum
– verzweifelt sich wehrend gegen jeden Sturm.
Noch bevor der Wind es mir nehmen kann,
hebe ich es auf und schaue es an – ein letztes Mal.
Es ist einfach und schön.
Die Harmonie der Farben gibt mir Kraft,
die Narben stimmen mich traurig und nachdenklich zugleich.
Nun möchte ich dieses Blatt nicht mehr länger aufhalten
auf seinem Weg.
Ich gönne ihm die lange Reise mit dem Wind,
der es tragen wird, bis es irgendwo
ein letztes Plätzchen gefunden hat, um zu vergeh’n.
Spuren werden bleiben – Erinnerungen sein.
(Martina Georgi)
Schauen wir uns nun eine ganz wichtige Station auf der Reise des Lebens von Doris an. Ihre Zeit im Landhauskeller Graz.
Im Jahr 1989 kommt das Angebot das Grazer Traditionshaus zu übernehmen. Die Begeisterung hält sich bei Doris aber in Grenzen. Erstens handelt es sich um ein reines Restaurant und kein Hotel, außerdem ist der Landhauskeller zu jener Zeit bei weitem nicht auf dem Niveau, auf das Doris und Günther das Haus später führen werden… Es mangelt an einer erkennbaren Linie, an Qualität und Struktur – auf der Karte steht alles Mögliche, nicht zuletzt die berühmte Fuhre Mist… Um die Optik des Hauses ist es ähnlich bestellt. Viel zu tun also. Vielleicht ist gerade das der Grund, warum Doris und Günther die Herausforderung annehmen.
Was dann folgt ist Grazer Gastronomiegeschichte; Doris und Günther machen aus dem Landhauskeller einen Tempel der Kulinrik und der Kultur. Neben steirischen Schmankerln auf höchstem Niveau bekommt die Rindfleischküche nach dem Vorbild von Ewald Plachutta einen besonderen Platz. Böse Zungen behaupten zu jener Zeit, dass man im Grazer Landhauskeller besser Rindfleisch essen kann als im Original in Wien. Gleichzeitig werden im Landhaushof und auch im Keller des Hauses kulturelle Veranstaltungen zum regelmäßigen Fixpunkt. Herbert Grandits bekommt mit seinen Kabaretts eine fixe Bühne. Musik von Jazz bis Klassik verbindet sich im Landhauskeller mit höchster Esskultur. Sogar eine eigene Zeitung, das Kasblattl berichtet über das Leben im Landhauskeller. All das haben sich Doris und Günther ausgedacht. All das haben die beiden, dieses Dreamteam der Gastronomie, gemeinsam umgesetzt. Und all das haben Sie geschafft, obwohl Doris seit vielen Jahren mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte. Lupus erytimatodes hatte schon der Zwillingsschwester Ingrid mit nur 27 Jahren das Leben geraubt. Im Lauf der Zeit macht die Krankheit auch Doris zunehmend das Leben schwer. Besonders die Gelenke machen Ihr zu schaffen, große Schmerzen und mehrere Operationen sind die Folge…
Gejammert hat Sie deswegen nicht. Auf Nachfrage sagte Sie stets: „Mir geht’s eh gut.“
Lieber Günther, ich möchte gerne einen Gedanken teilen, den Du mir anvertraut hast, nur wenige Tage, nachdem Doris Ihre letzte Reise angetreten hat. Du hast mir gesagt, dass Du unendlich dankbar bist – dankbar dafür, dass Du mit der tapfersten Frau, die Du je kennengelernt hast, dein Leben teilen durftest.
Wer war Doris? – Was hat Sie als Menschen ausgemacht?
Doris war gesellig, Sie war humorvoll, konsequent und diszipliniert. Ihr Leben lang hat Sie Sport gemacht, sich um Ihr Äußeres gekümmert. Eleganz und Schönheit waren Ihr wichtig. Ein stilvolles Auftreten. Doris liebte gutes Essen, Kunst und Kultur. Ausflüge nach Verona und St. Margarethen. Zu Hause hegte Sie Ihre Porzellanfiguren und Ihr Silber. Das Lesen spielte eine große Rolle in Ihrem Leben. Zwei, drei Krimis in der Woche waren nichts Besonderes für Sie. Doris war eine loyale Ehefrau, die Ihren Mann immer unterstützt und gefördert hat. Sie war Ihren Mitarbeitern eine gute und korrekte Chefin. Sie war verantwortungsvoll und großzügig, hat viel und gern gespendet und an andere gegeben, egal ob an Organisationen oder privat. Die Familie lag Ihr am Herzen, besonders auch die Enkel Florian und Tobias. Einen wichtigen Platz in Ihrem Leben nehmen natürlich die Reisen ein. Doris und Günther unternehmen gerne Kreuzfahrten.
Anfang der 90-er entdecken Sie das Golfspielen für sich und unternehmen regelmäßig Golfreisen. Diese gemeinsamen Reisen sind der wohlverdiente Ausgleich für den stressigen Alltag im Landhauskeller. 2015 gehen die beiden in den Ruhestand und begeben sich ein halbes Jahr auf Reisen nach Grönland, Island und in den fernen Osten. Im selben Jahr wird Doris das Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark für Ihre Verdienste um die Gastronomie verliehen. Große Höhepunkte in Ihrem Leben sind auch die Reisen vor vier Jahren in den Iran und nach Äthiopien und ein Jahr später die Reise in den Oman. Dies sollte die letzte gemeinsame Fernreise sein.
Bei Hermann Hesse kann man folgende tröstliche Zeilen nachlesen:
Einschlafen dürfen, wenn man müde ist,
und eine Last fallen lassen dürfen,
die man lange getragen hat,
das ist eine tröstliche, wunderbare Sache.
(Hermann Hesse)
In den letzten zwei, drei Jahren hat sich Doris` Zustand nach und nach verschlechtert. In dieser schweren Zeit sind neben Günther besonders auch Schwägerin Doris und Frau Dr. Ingrid Thomüller eine große Unterstützung für Sie.
Die Nacht vom 23. auf den 24. November sollte Ihre letzte sein. Um sieben Uhr Früh hat Doris im LKH Graz in den Armen Ihres Reisegefährten die letzte große Reise angetreten.
Albert Schweitzer hat einmal gesagt:
„Was ein Mensch an Gutem in die Welt hinausgibt, geht nicht verloren.“
(Albert Schweitzer)
Sehr viel Gutes hat Doris in die Welt hinausgegeben. Und dieses Gute verschwindet nicht. Es bleibt bei uns.
Doris hatte den Wunsch in der Natur zu sein. Sie ist im Bewusstsein von uns gegangen, dass Sie unsterblich ist. Sie ist immer noch da – in diesem Baum, in dieser Erde und in unseren Herzen.
Ich möchte am Ende noch den Wunsch äußern, dass dem heutigen gemeinsamen Besuch bei Doris viele weitere Besuche von Ihnen folgen werden – hier im Wald – inmitten der Natur. Und so wollen wir diese Feier beschließen mit einer musikalischen, romantischen Naturbetrachtung.
Geschrieben und vorgetragen von Mag. Julian Kumpusch


























































